Mittwoch, 5. Januar 2011

Hypnose Tutorial - Teil II (Praxis)

Nun.. Auf zum zweiten und hoffentlich etwas spannenderen Teil des Hypnose Tutorials für Anfänger. In diesem Post erkläre ich, wie man Menschen in Hypnose versetzen kann, um genau zu sein, erstmal sich selbst. Ich erläutere die langsamen Methoden der Hypnosetherapeuten: Entspannungs- und Konzentrationstechniken -- die vermutlich begehrteren, blitzschnellen Methoden der großen Hypnose-Showmaster, findet ihr leider erst im dritten Teil meines Tutorials.
Wie bereits im ersten Teil des Tutorials erwähnt, ist der Rapport zwischen Patient und Hypnotiseur ein sehr wichtiger Faktor für die erfolgreiche Induktion einer Trance. Wie ein erfolgreicher Rapport hergestellt wird und welche Faktoren noch wichtig sind, erkläre ich in diesem Teil des Tutorials. Das ist etwas, das vor jeder Hypnosesitzung beachtet werden muss. Anschließend gehe ich zur Praxis über und zeige euch eine Induktionstechnik zum selbst ausprobieren.

6. Faktoren für eine erfolgreiche Induktion und Suggestion
Wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Induktion sind:
* absolutes Vertrauen zum Hypnotiseur
* Aufklärung des Patienten über Hypnose, ihre Eigenschaften und ihre Risiken
* offizielle Zustimmung des Patienten erfragen
* eventuelle Phobien klären
* dafür sorgen, dass keine bzw. wenige störende Einflüsse die Sitzung beeinflussen können (z.B.: laute Geräusche, unangenehme Luft- oder Lichtverhälnisse)
* angenehme Atmosphäre schaffen
* Patient muss sich in jeder Hinsicht sicher und wohl fühlen!

All diese Faktoren erhöhen auf irgendeine Weise die natürliche Suggestibilität des Patienten. Suggestibilität bedeutet soviel wie "Empfindlichkeit für Anweisungen des Hypnotiseurs". Nur suggestible Patienten können echte Erfolge bei einer Hypnosesitzung verzeichnen. Deshalb ist es auch sehr wichtig, darauf zu achten, wie man als Hypnotiseur seine Anweisungen(Suggestionen) formuliert, damit das Unterbewusstein sie erfolgreich ausführt.  

Wichtige Faktoren für wirksame Suggestionen sind hingegen:
* das Erzeugen einer bildhaften Vorstellung/Idee durch Gebrauch bildhafte Sprachgestaltung
* Überzeugungkraft des Hypnotiseurs
* klare, unmissverständliche Anweisungen/Aussprache
* Wiederholung, Monotonie
* Vertrauen zum Hyponotiseur
* Ablegen jeglicher Zweifel (der Patient darf nicht an der Wirkung von Hypnose zweifeln)
* Abstimmung/Kalibrierung auf die Persönlichkeit des Patienten (Formulierungen oder Bilder dürfen keine, sagen wir mal "Dissonanz" erzeugen)
Nicht die Logik einer gesprochenen Suggestion bringt den Erfolg, sondern der Grad an bildhafter Darstellung  und die Redegwandtheit des Hypnotiseurs ist ausschlaggebend für die Wirkung der Anweisung. Außerdem kann grundsätzlich zwischen direkten und indirekten Suggestionen unterschieden werden:
Direkte Suggestionen werden unmittelbar vom Bewusstein wahrgenommen und gefiltert/geprüft, so können sie zum Beispiel vom Bewusstsein verworfen werden und gelangen somit erst garnicht in die tieferen Schichten (Unterbewusstsein), was die Folge haben kann, dass die Suggestionen garnicht oder nicht richtig wirken.
Indirekte Suggestionen hingegen entgehen der Zensur des Bewusstsein und dem kritischen Urteil des Verstandes. Somit können sie ungefiltert ins Unterbewusstsein gelangen, meist sicher akzeptiert und befolgt werden. Bei dieser Form der Suggestion "merkt der Patient nicht," dass eine Anweisung dahinter stekct (entzieht sich dem Bewusstsein). "Wenn-dann-Suggestionen" sind eine wirksame Art von Suggestion, weil sie meist indirekt erfolgen.

Beipiel(Autosuggestion/Selbsthypnose)
direkte Suggestion: "Ich pfeife jetzt einmal, dann bin ich wieder frisch und ausgeruht"
Das wird nicht funktionieren. Das Bewusstsein, das sehr rational, logisch, und kritisch denkt, erkennt keine Logik(Warum soll ich durch Pfeifen ausgeruht sein?) und beurteilt diese Anweisung mit: unlogisch. Folge : die Anweisung wird verworfen - keine Wirkung
indirekte Suggestion: "Ich gehe jetzt Duschen, dann bin ich wieder frisch und ausgeruht."
Das Bewusstsein erkennt die Logik in der Anweisung und gibt sie sozusagen an das Unterbewusstsein weiter. Die Suggestion wird wirksam, ohne dass der Patient es merkt.

7. Unsere erste Hypnosesitzung
Ihr sitzt jetzt vor dem PC und möchtet jemanden hypnotisieren, wollt wissen wie Hypnose in der Praxis funktioniert - aber es ist gerade niemand da, der sich auf die Schnelle als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen will? Warum hypnotisieren wir uns dann nicht selbst? Sich selbst hypnotisieren, geht das überhaupt? JA. Selbsthypnose ist eine gute Möglichkeit Suggestionen und Induktionsmethoden an sich selbst auszuprobieren und dabei kann man noch erfahren, wie sich Hypnose anfühlt. Trancezustände sind etwas ganz Natürliches und tauchen immer wieder in unserem Alltag auf, ohne dass wir es wirklich bemerken. Zum Beispiel beim Autofahren. Fährt man sehr lange, alleine Auto, so konzentriert man sich nach einer Weile nur noch auf die Fahrbahn und vllt. auf die angenehme Musik im Radio. Der Körper bewegt sich dann wie von selbst und es interessiert uns nichts anderes als die Fahrbahn vor uns. Das kann man schon als einen Trancezustand bezeichnen, der durch die andrauernde Monotonie der Einflüsse um uns  und die Konzentration auf etwas Bestimmtes hervorgerufen wurde. Ein weiteres Beispiel für Trance sieht man oft bei Kindern, die in eine bestimmte Tätigkeit oder ein Spiel vertieft sind und dadurch teilweise kaum ansprechbar sind. Wenn man jemanden(in diesem Fall sich selbst) hypnotisieren will, kann man das im Alltag beobachtete Trancephänomen heranziehen, um sich seine eigene, künstliche Hypnoseinduktion zu basteln. 

Also, was brauchen wir für die Selbsthypnose?
* etwas, auf das wir uns voll konzentrieren können
* eine kleine Prise Monotonie
* unseren eigenen Kopf und seine Fähigkeit, Bilder aus dem Nichts zu erschaffen
* eine bequeme Unterlage, auf der wir liegen können
* eine angenehme Umgebung, die frei von Störfaktoren ist

Stufe 1: Konzentration durch Fixation und Imagination (die drei -TIONs...;) )
Konzentriere dich auf einen Punkt an der Decke oder einen Gegenstand im Raum, der sich entweder garnicht, oder sehr gleichmäßig und wiederholt bewegt. Starre dieses Objekt an, versuche dich dabei nur auf das Objekt zu konzentrieren und blende willentlich alle anderen Einflüsse um dich herum aus. Vermeide Blinzeln und du wirst merken, wie deine Augen müder und müder werden. Stelle dir vor, die Augenlieder würden schwerer und schwerer, stelle dir vor sie würden sich mit Blei füllen. Konzentriere dich auf deinen Körper.

Stufe 2: Chillen
Versuche dich absolut zu entspannen. Schließe jetzt deine Augen und betrachte deine innere Welt. Stelle dir vor, deine Gliedmaßen fühlen sich schwer und warm an, wie nach einer heißen Dusche, das hilft enorm. Gehe in Gedanken jede einzelne Körperpartie - von den Zehen bis hoch zu den Wangenknochen - durch und versuche jede einzelne Muskelfaser zu lockern. Die Vorstellung, du würdest mit jedem Atemzug flüssige Entspannung einatmen und mit jedem Ausatmen flüssige Spannung loswerden, ist ein wirksames Bild, das den Entspannungvorgang beschleunigt. Betrachte die Wärme vor deinem inneren Auge, die langsam in jeden Winkel deines Körpers dringt und ihn locker und angenehm macht. Jetzt bist du schon in Trance.

Stufe 3: Vertiefung
Vertiefe diesen angenehmen Zustand der Ruhe und Gelassenheit durch die Formulierung erster Autosuggestionen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten der Trancevertiefung. Nutze dabei möglichst ein "Bild des Hinabsinkens" z.B.: indem du dir vorstellst du bist ein Stein, der langsam im Meer in Richtung eines nicht erreichbaren Meeresbodens sinkt. Oder indem du dir bildlich vorstellt, wie du eine ewige Treppe hinunterläusft - nimm das Bild, das dir am besten gefällt. Nimm aber auf jeden Fall ein Bild!  Das Unterbewusstsein spricht nicht in Worten - es reagiert auf Bilder. Versuche dearum soviele Eindrücke wie möglich aus deiner künstlich erschaffenen, inneren Welt wahrzunehmen: deine Füße auf den steinernen Treppenstufen, das Geräusch der Schritte usw. Nimm dir dabei Zeit und gestalte deine Reise in dich selbst möglichst anschaulich und konzentriert. Verkrampfe dich nicht! Habe keine Angst!

Stufe 4: Nur herein!
Setze den inneren Bildern "vom Reisen in die Tiefe" ein Ende, indem du in deiner künstlichen Welt eine Art "Ziel" oder "Tor" auftauchen lässt. Beispiel: Du bist jetzt am Ende der Treppe angelangt und stehst vor einer großen Tür mit der Aufschrift: "mein Unterbewusstsein". Gestalte den Augenblick bildlich und lebhaft, spüre die gewisse "Feierlichkeit" des Augenblicks, in dem du dein Unterbewusstes betritts. Öffne die Tür und stelle dir das vor, was du dir unter einem Unterbewusstsein vorstellen willst. Geeignet sind zum Beispiel Bilder von nie Enden wollenden Wiesen, ein Strand mit sichtbarem Horizont, ein Stern inmitten einer Galaxie... Hauptsache etwas "Weites".

Stufe 5: Packe dein Werkzeug aus und beginne mit der Arbeit!
Setze dich in deinem Unterbewusstsein hin, indem du z.B.: eine Stuhl erscheinen lässt und formuliere nun deine Suggestionen; also Anweisungen, die du dir selbst geben möchtest. Wie zum Beispiel: Wenn ich wieder aufwache, bin ich super ausgeruht und fühle mich fit - oder: wenn ich nächstes Mal im Geschichtsunterricht sitze, fällt es mir leichter, mich auf den Unterrichtsstoff zu konzentrieren...etc....Auch hier: achte auf eine bildhafte Darstellung und formuliere deine Suggestionen sehr genau. Stelle dir vor, wie das Unterbewusstsein deine Anweisungen auf irgendeine Weise absorbiert (Beispiel Strand: schreibe deine Sugg. imaginär auf Papier auf und wirf sie in das Unterbewusstsein=Wasser) Sage dir immer und immer wieder, dass das Unterbewusstsein diese Anweisungen aufnimmt und ausführt.


Stufe 6: Zurück in die Realität.
Entferne dich Schrittweise aus dem Zustand der Trance, indem du den Weg, den du bereits gegangen bist, wieder zurück gehst, oder indem du andere Techniken zum Aufwachen verwendest, wie zum Beispiel Zähltechniken."Ich zähle jetzt von 1 bis 10. Mit jeder Zahl werde ich wacher und wacher. Bei 10 angelangt, öffne ich meine Augen und fühle mich topfit und ausgeruht. 1...2...3..." Und natürlich gibt es auch hier wieder die super schnelle Methode für den Ungeduldigen: einfach Augen auf. Diese Technik ist aber sehr unsanft. Man ist kurz verwirrt und danach möglichweise ein paar Minuten lang immernoch müde und benommen. Außerdem kann es sein, dass sich die formulierten Suggestionen nicht richtig festigen.

Nun ja. Das war der zweite Teil meines Tutorials. Die Fremdhypnose kommt im nächsten Teil dran. Ich wünsche allen Anfängern viel Spaß bei der Selbsthypnose...Bis bald!


2 Kommentare:

  1. Geht es auch so, dass man sich im Grunde eine Aufnahme macht, die einem Anweisungen gibt, also sozusagen als Fremdhypnose?! Sehr schön aufgebaut und erklärt danke :)

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  2. Ja, das geht natürlich auch. Funktioniert für gewöhnlich sogar besser, da man sich nicht gleichzeitig auf das Geben von Anweisungen und das Entspannen konzentrieren muss. Allerdings muss man vor der Aufnehmen genau festlegen, welche Suggestionen man sich geben will. Das ist der einzige Nachteil.

    Danke fürs Lesen. Freut mich, dass es dir gefällt :)

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